Geschichte
Auszug aus der Festschrift anlässlich des 300 jährigen Bestehens 1985, Autorin Rosmarie Lier
In Horgen wird natürlich schon länger als seit 300 Jahren geschossen. Die erste Horgener "Zielstatt" befand sich ausserhalb der Sust. In den Jahren 1599 und 1600 wurde das erste eigentliche Schützenhaus, beim heutigen, erst kürzlich renovierten Restaurant Schützenhaus (Tai Ming) gebaut. Die Zielscheiben standen beim sogenannten Thalacker, d.h. beim Landeplatz der Fähre. Geschossen wurde über`s offene Wasser, denn zur damaligen Zeit lag zwischen diesen beiden Punkten, Zielstatt und Zielscheiben, eine Bucht, die erst später zum Bau der Eisenbahnlinie aufgefüllt wurde. Mitte 19.Jh. verlangte der Zürcher Regierungsrat die Verlegung aller am Seeufer befindlichen Schiessplätze, denn es bestanden weder Schutz auf den offenen See noch auf die Landseite. Nach einigem Hin und Her konnte das neue Schützenhaus im Bürgli (Kottenrain) 1858 eingeweiht werden, welches sich aber bereits 1870 als zu klein erwies. Beinahe 10 Jahre später hiessen die Horgener trotz heftiger Opposition das Projekt für ein neues Schützenhaus beim Gehren gut. So konnte es, nachdem die Gemeinde abermals das Land gekauft hatte, im Jahre 1881 mit Scheibendistanzen von 300 und 445 Metern eingeweiht werden. Doch auch hier beschwerten sich bald die Anwohner über mangelnde Sicherheit, deren Gewährleistung, gemäss der 1892 bestellten Schiessplatzkommission, allzu teuer zu stehen gekommen wäre. Ihr Antrag, abermals ein neues Schützenhaus zu erstellen, wurde 5 Jahre später an der Gemeindeversammlung einstimmig gutgeheissen. So entstand das heutige Schützenhaus in Käpfnach mit einem bewilligten Kredit von CHF 60`000 und einem Nachtragskredit von CHF 30`000. 1920 und 1960 gab es grössere Erweiterungen, wie zum Beispiel der Stand für die Kleinkaliber-Schützen und die Schützenstube. Im Frühjahr 1985 konnten als letzte Erneuerung 16 elektronische Scheiben mit Zubehör zu einem Betrag von CHF 374`000 eingebaut werden.
Die alte Schützengesellschaft erfüllte nebst dem Zweck der Schiessausbildung auch eine gesellschaftliche Funktion. Die Regierung förderte deshalb das Schiesswesen mit der Abgabe von Preisen in Form von Tuch, Hosen und Wäsmer. Zu diesen willkommenen Preisen von der Obrigkeit war es sodann üblich, auf Hochzeiten Gebrauchsgegenstände wie Weintansen und Schaufeln sowie ganze und halbe Taler zu stiften.
Um 1585 zeigte Horgen einen Mannschaftsbestand von 241 Schiesspflichtigen. Vereine waren zu dieser Zeit noch nicht erlaubt, weshalb das ganze Schiesswesen von der alten Schützengesellschaft überwacht wurde. Aus alten Rechnungen der GSG im Jahre 1685 geht hervor, dass zu diesem Zwecke jährlich "uf offnem blatz vor dem schützenhuss mit ufgehobner hand und rohr" ein Schützenmeister gewählt wurde. Drei Männern übertrug man die Leitung der Gesellschaft. Sie waren auch verantwortlich für Ordnung und Ruhe.
1715 bemühte sich Oberrieden um die Trennung von Horgen und somit um eine eigene "Zielstatt". Horgen wehrte sich energisch, denn man befürchtete eine Zersplitterung der Schützengesellschaft und unkontrollierte Gruppierungen. In der Hauptzielstatt Horgen aber müsse man ordnungsgemäss gerüstet erscheinen und sich recht aufführen, sonst werde man "von den abwarthenden officieren vor dem volckh zu schanden gemachet". Oberrieden konterte mit der Begründung, dass oft grosse Streitigkeiten entstünden und manch einer komme mit blutigem Kopfe von Horgen nach Hause. Die Zunahme der Flintenschützen habe zudem lange Wartezeiten zu Folge und dies wiederum veranlasse zum Trinken. Der Zürcher Regierungsrat entschied, auch zum Leidwesen der Horgener Handwerker, zu Gunsten der Oberriedner, sodass von nun an jene 121 Schützen in ihrer eigenen Gemeinde schiessen konnten.
Nachdem die alte Schützengesellschaft die Revolution Ende des 18. Jh. bestens überstanden hatte, führte sie neu als Gemeindeschützen-Gesellschaft die alte Tradition weiter. Im folgenden Jahrhundert entstanden zusätzlich nach und nach die zum Teil heute noch bestehenden und bekannten Schützenvereine. Unseren jährlich einmal organisierten Schiessanlass nannte man fortan "Hochzeits- und Ehrengabenschiessen" und sammelte noch intensiver bei den Bürgern und Niedergelassenen unserer Gemeinde. Die Gesellschaft meldete sich nun auch bei Wahlen in Ehrenstellen von Gemeinde, Kanton und Bund, Beförderungen zu Offiziersgraden, Kauf und Verkauf von Liegenschaften und Geschäften sowie bei Aufnahme ins Bürgerrecht. Mitglied war jedermann, der eine einmalige Gabe von mindestens Fr. 5.-- gespendet hatte. Das Schiessen fand anfänglich am Sonntag nach Kirchweih (Chilbi) statt, wurde dann aber des grösseren Andrangs wegen auf das ganze Wochenende ausgedehnt. Die Schüler und Kadetten zog man zu Warnerdiensten heran und in der Festhütte nebenan führte ein Horgener Wirt die Festwirtschaft. Dort wurde auch noch am selben Abend das Absenden durchgeführt. Dies war deshalb möglich, weil über längere Zeit nur Geldsäcklein verteilt und nur die vorderen Ränge abgesendet wurden. Um das Gemeindeschiessen wieder attraktiver zu gestalten, führte man Gaben bis zu den letzten Rängen und Sonderpreise ein. Zusätzlich verlegte man in den 50er Jahren das Schiesswochenende auf den September. Dies mit der Hoffnung, die immer mehr in den Sommerferien abwesenden Schützen zurückgewinnen zu können. Wann die Damen zum ersten Mal mitmachen konnten, ist leider nicht mehr zu eruieren. Sicher ist aber, dass anfangs dieses Jahrhunderts Frauen vereinzelt mitgeschossen haben. Das war zwar nicht üblich, aber auch nicht verboten. 1972 sind dann die ersten zwei weiblichen Personen als Beisitzerinnen in den Vorstand gewählt worden. Dies wertete der damalige Obmann H. Stünzi als historischen Moment in der bald 300 jährigen Geschichte der Gemeindeschützen-Gesellschaft Horgen. Heute kann eine Präsidentin die Feierlichkeiten zum 300 jährigen Jubiläum begleiten.
Wie sieht unsere Zukunft aus?
Das Ziel der Gemeindeschützen-Gesellschaft ist es, eine möglichst bunt zusammengewürfelte Teilnehmerschaft zusammen zu bringen, die an unserem dorfinternen, nicht immer nur ernsthaften Wettkampf mit Begeisterung mitmacht. Genauso wie damals, als die Regierung noch die gesellschaftliche Funktionen in den Gemeinden mit dem Schiesswesen gefördert hat. So heisst es doch nicht zu Unrecht, dass dies der einzige Anlass sei, der noch alle Kreise umfasst und der vielfachen Sonderung nicht zum Opfer gefallen ist.